Die Serie "ZEITGEISTER" entstand in Zusammenarbeit von
Ernst Zdrahal und Verena Prandstätter
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Das Bild "Flucht" entstand in Zusammen-
arbeit von Verena Prandstätter + Petra Rasp + Helmut Rusche + Rudolf Svoboda
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Die Einheit, die aus dem Unterschiedlichen erwächst
Beim Betrachten von Bildern stellen sich, sieht man ein Werk zum ersten Mal, viele Fragen. Was ist auf dem Bild zu sehen? In welcher Technik ist es gemacht? Welche Emotionen löst es aus? Gibt es Botschaften, die offenkundig oder verklausuliert sind? Nicht zuletzt drängt sich die Frage nach dem Urheber oder der Urheberin in den Vordergrund: „Von wem ist das Bild eigentlich?“
Ältere Kunstwerke, aber auch solchen neueren Datums, die nicht signiert sind, können nicht immer eindeutig zugeordnet werden, was meist ein unbefriedigendes Gefühl auslöst. So gut aber wie nie kommt es vor, dass man für ein Bild zwei Menschen nennen muss, die dafür verantwortlich sind. Zwar war es im Mittelalter üblich, dass sogar mehrere Maler an einem Bild arbeiteten. Diese waren je nach ihrem Ausbildungsgrad und Können für jeweils ein Gestaltungselement verantwortlich. Namentlich bekannt waren sie jedoch nicht. Schon in der Renaissance jedoch wurde diese Arbeitsteilung zur Ausnahme und mit dem weiteren Erstarken der Künstlerpersönlichkeiten verschwanden die künstlerischen Kooperationen an einem einzigen Bild im Lauf der Zeit völlig. Künstlerkollektive wiederum, die sich aus Gleichgesinnten formieren, welche sich für eine gewisse Zeit gemeinsam einer künstlerischen Aufgabe verschreiben, gibt es bis heute. Mehrheitlich geht die Arbeit des Kollektivs jedoch über den reinen Schaffensprozess hinaus. Zugleich kann die Zuschreibung der produzierten Kunstwerke jedoch nur gesamt über das Kollektiv erfolgen, wodurch die einzelnen Leistungen wiederum in den Hintergrund treten.
Im Fall von Verena Prandstätter und Ernst Zdrahal, jenen Kreativen, welchen dieser Katalog gewidmet ist, ist die Herangehensweise jedoch eine andere und – historisch betrachtet – eine ungewöhnliche. Gerade deshalb lohnt es sich, sich mit ihren Bildern auseinandersetzen, um zu verstehen, dass ihr Tun etwas ist, das in der Kunst einzigartig ist. Denn Prandstätter und Zdrahal agieren bei ihrem Produktionsprozess völlig unüblich. Wenn Zdrahal den Anfang macht, so setzt er seine Figuren so in Szene, dass klar ist, wer im Bild wiedergegeben ist. Ob Personen aus der Geschichte, der Kunst oder anderen Gesellschaftsbereichen, sie alle sind deutlich zu erkennen. Sind es keine Berühmtheiten, dann posieren seine Menschen so, dass ihre Haltung einen bestimmten, gut „lesbaren“ Ausdruck wiedergibt. Einmal von ihm auf die Leinwand gebannt, übernimmt Prandstätter das Bild und stattet es mit ihrer eigenen künstlerischen Handschrift aus. Dafür verwendet sie Stoffe, die zum Teil Symbolcharakter aufweisen. Auf der Leinwand zu den vorhandenen Figuren arrangiert, werden sie dann von ihr geklebt und aufgenäht. Auf diese Weise erhalten die Bilder eine Dreidimensionalität, die sie im wahrsten Sinn des Wortes „greifbar“ erscheinen lassen. Beginnt Prandstätter hingegen mit der Bearbeitung einer Leinwand, so muss sich Zdrahal mit einer Bildsituation auseinandersetzen, die nun seinem Tun einen gewissen Platz zuweist. Vor beiden Situationen schrecken für gewöhnlich Kunstschaffende zurück. Bedeutet die Herangehensweise doch, dass man sich auf etwas einlassen muss, das nicht von einem selbst stammt. Darüber hinaus hat diese Vorarbeit auch zur Folge, dass man sich einer räumlichen Situation auf der Leinwand gegenübersieht, die man selbst so vielleicht niemals gestaltet hätte.
Gerade darin liegt für die beiden jedoch der Reiz ihrer Arbeit. Dazu gehört auch, dass Verbissenheit hier völlig fehl am Platze ist. Offen sein für das Andere, sich einfühlen können, eine vorgegebene Situation auch mit Humor nehmen können, das ist es, was Prandstätter und Zdrahal hier exemplarisch aufzeigen. Das Endprodukt erscheint nicht wie aus einem Guss, kann man doch sowohl Zdrahals malerische Arbeit als auch Prandstätters stoffliche Erweiterungen gut auseinanderhalten. Und dennoch strahlt jedes gemeinsame Bild eine Harmonie aus, als ob ein einziger künstlerischer Gedankengang dahinterstehen würde. Alle ihre Werke fordern von den Betrachtenden einen wandernden Blick, eine gewisse Ausdauer des Sehens, welche bei einer Verweildauer von wenigen Sekunden nicht möglich ist. Als Belohnung lockt jedoch das Erfassen jener Einheit, die aus dem Unterschiedlichen erwachsen ist. Fasziniert wird man feststellen können, dass gerade aufgrund der zwei künstlerischen Handschriften ein enormer Wiedererkennungswert ihrer Gemeinschaftswerke zustande kommt. Ein Momentum, das in der Beurteilung von Kunst hoch, wenn nicht sogar am höchsten angesetzt ist. Allein daran darf das absolute Gelingen dieses ungewöhnlichen Kunst-Experimentes bestätigt werden.
Dr.Michaela Preiner, Kunsthistorikerin, Chefredakteurin von European Cultural News